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Irene Esser
Als ich ein kleines Mädchen war, nahm mich meine Tante Marie einmal mit zu meinem Cousin Lothar im Schloss Rheda-Wiedenbrück, wo er eine Gehörlosenschule besuchte. Es war Ende der 50er Jahre und mein Vater brachte uns aus meinem Heimatdorf im Altkreis Lübbecke mit dem Auto zum Bahnhof nach Löhne.
Dort kauften wir am Schalter in der großen Halle die Fahrkarten und ich erinnere mich, dass wir die steilen hohen Treppen zum Bahnsteig erklommen. Das war meine erste Begegnung mit der Stadt, in der ich nun seit 40 Jahren zu Hause bin.
Portraifoto Irene Esser
Ehrlich gesagt, so richtig fühle ich mich als Löhnerin erst, nachdem ich mich seit 2014 für den Erhalt und die Renovierung des Bahnhofsgebäudes einsetze. Da ist mir erst der Wert dieses Ortes bewusst geworden. Er bietet die Chance, dass die Löhner Bürgerschaft zusammenwachsen und eine gemeinsame Identität entwickeln kann. Wir erleben uns in unserer Stadt ja immer auch als Mennighüffer, Obernbecker, Gohfelder, als aus Löhne-Ort oder Löhne-Bahnhof kommend. Und ich fühle mich immer noch in erster Linie als Ulenburgerin.
In Ulenburg bin ich zu Hause. Hier habe ich mit meinem Mann unsere Familie gegründet, hier leben und arbeiten wir unter einem Dach mit unserer Tochter, ihrem Mann und drei Enkelkindern auf unserem landwirtschaftlichen Betrieb.
Die Familie Esser erwarb 1925 das Rittergut Ulenburg, das heißt den alten Gutshof (heute Wittekindshofer Werkstätten) und weite Teile der Ländereinen entlang der Allee. Mein Mann hat den Betrieb von seinem Vater übernommen und damals die ersten Impulse des biologischen Landbaus gesetzt. Die Bioland-Gärtnerei und der
Bioladen Ulenburg
wären ohne seine Initiative nicht in Gang gekommen. Der Einsatz für eine bewusste und nachhaltige Lebensweise und der Mut zu neuen Schritten verbinden uns beide.
Den Bioladen habe ich 1985 gegründet. Heute ist der biologische Anbau in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Damals wurde darüber noch gelacht und wir wurden auch schon mal als „Spinner“ bezeichnet.
Bürgermeister und Bahnhofsverein im Bahnhof
Nachdem unsere Kinder Sebastian und Katharina zur Schule gingen, habe ich zusätzlich 26 Jahre lang in der Evangelischen Erwachsenenbildung als Diplom-Pädagogin gearbeitet, auch im ehemaligen Haus Reineberg. Das Thema Christsein im Alltag beschäftigt mich nach wie vor und ich bin sehr gern im Kontakt mit den Löhner Kirchengemeinden.
Mein großer Wunsch ist es, dass vom Löhner Bahnhof als „Dritten Ort“ in Zukunft wertvolle Impulse ausgehen und in Löhne soziale und ökologische Verantwortung wachsen. Deshalb bin ich auch gern Patin der Stadt geworden.